Die Bibel will uns von etwas überzeugen. Das macht sie immer wieder durch oft wunderbare Erzählungen.
So haben wir gerade gehört, dass der Prophet Natan zum großen König David sagt: „Nun verkündet dir der Herr... ich werde ich deinen Sohn als deinen Nachfolger einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen. Ich werde für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein.“ Nach Tod und Auferstehung von Jesus haben die Christen, die ihre Bibel kannten, gemeint: Dieser Nachkomme aus dem Geschlecht Davids, dieser Retter, ist Jesus. Deswegen wurde er auch in Bethlehem, der Stadt Davids, geboren.
Da wird auch die unerwartete Geburt einer anderen wichtigen Person, Johannes dem Täufer, durch eine Erzählung angekündigt, die viel Ähnlichkeit hat mit der Erzählung der Verkündigung der unerwarteten Geburt von Jesus.
Dem Vater des Johannes, Zacharias, erscheint ein ‘Engel des Herrn‘ (wie bei Maria). Als Zacharias ihn sah, befiel ihn Furcht. Der Engel aber sagte: „Fürchte dich nicht, Zacharias! Dein Gebet ist erhört worden. Deine Frau Elisabet wird dir einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Johannes geben.“ Etwas Ähnliches sagt der Engel Maria. Zacharias fragt: „Woran soll ich erkennen, dass das wahr ist? Ich bin ein alter Mann, und auch meine Frau ist in vorgerücktem Alter.“ Die Botschaft ist so unglaubwürdig! Der Engel antwortet: „Weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die in Erfüllung gehen, wenn die Zeit dafür da ist, sollst du stumm sein und nicht mehr reden können, bis zu dem Tag, an dem all das eintrifft.“
Fast ähnlich geschieht es bei Maria: Der Engel sagt zu Maria: „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir.“ Sie erschrickt. Der Engel sagt: „Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Seine Herrschaft wird kein Ende haben.“ Hier wird an die Worte des Propheten Natan an König David erinnert. Auch für Maria klingt das zunächst unglaubwürdig: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ Der Engel sagt ihr, dass hier Gott selbst im Spiel ist: „Die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.“ Anders als Zacharias reagiert Maria: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ Sie glaubt. Zacharias nicht und wird deswegen zunächst stumm.
Biblische Erzählungen wollen etwas veranschaulichen und deutlich machen: Dieser Jesus von Nazareth ist ein ganz besonderer Mensch, mit einer ganz besonderen Bedeutung für diese Welt. Das wird durch ganz besondere Ereignisse rund um seine Geburt betont und illustriert - so wie man es früher üblicherweise bei ganz wichtigen Persönlichkeiten machte. Auch beim Kaiser Augustus z.B. gibt es so eine Erzählung über seine wunderbare Geburt, um die außerordentliche Wichtigkeit dieses Kaisers zu unterstreichen.
Wie von der Geburt Jesu in den vier Evangelien erzählt wird, ist sehr unterschiedlich. Aber alle wollen das Gleiche sagen: Jesus ist etwas ganz Besonderes. Die Briefe des Apostels Paulus, also die ältesten Texte des Neuen Testaments, kennen keine Geburtserzählungen von Jesus. Die Evangelien nach Markus und Johannes ebenfalls nicht. Sie vermitteln die Botschaft über die Bedeutung von Jesus auf andere Weise. Bei der Taufe am Jordan z.B. sagt die Stimme aus dem Himmel zu Jesus: „Du bist mein geliebter Sohn.“ Im Prolog des Johannesevangeliums gibt es den markanten Satz: „Und das Wort Gottes ist Fleisch/Mensch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Johannes benützt keine Erzählung.
Alle biblischen Autoren sehen darin das Kernstück unseres christlichen Glaubens: Dieser Jesus ist der Mittler, die Zwischenperson, zwischen Gott und uns. Und wenn wir uns auf ihn einlassen, bekommt unser Leben eine andere Perspektive. Gott will - durch Jesus - in unser Leben eintreten. Er will bei uns „ankommen“, wie wir es schon während der ganzen Adventzeit gehört haben. Deswegen soll Jesus immer wieder neu in unserem Herzen geboren werden. Es gibt kein Weihnachten, wenn Jesus in unserem Leben, in unserem Denken, Fühlen und Handeln, keinen Zugang findet.